16. Juli 2024
Die aktuelle Versorgungslage der Bevölkerung beim Herz- Kreislaufstillstand
Wie können die Überlebenschancen bei einem Herz-Kreislaufstillstand verbessert werden? Die Bundesvereinigung der Arbeitsgemeinschaften der Notärzte Deutschlands (BAND e.V.) zeigt in einer Pressemitteilung Schritte auf, mit der die außerklinische Reanimation verbessert werden kann. Im Rettungsdienstbereich Mainz werden viele davon bereits umgesetzt, wie der Ärztliche Leiter Rettungsdienst, Dr. Carsten Lott, sagt.
Pressemeldung der Bundesvereinigung der Arbeitsgemeinschaften der Notärzte Deutschlands (BAND e.V.): Die BAND begrüßt die jährliche Veröffentlichung der Daten des Deutschen Reanimationsregisters zur außerklinischen Reanimation. Der Herz-Kreislaufstillstand stellt eine relevante Tracerdiagnose dar, anhand derer die Qualität der prähospitalen notfallmedizinischen Versorgung in Deutschland beschrieben werden kann. Die zugrundeliegenden Datensätze aus 146 Rettungsdienstbereichen, die eine Bevölkerung von ca. 39 Millionen Einwohner repräsentieren, stellen eine aussagekräftige Stichprobe dar.Betroffen von einem Herz-Kreislaufstillstand waren in Deutschland im Jahre 2023 ca. 55.000 Menschen. Das Durchschnittsalter betrug etwa 70 Jahre, und zu zwei Dritteln waren Männer betroffen. Etwa 70 Prozent der Ereignisse fanden in einer Wohnung statt. Hier ergibt sich im Vergleich mit den vergangenen Jahren kein wesentlicher Unterschied.
In etwa 50 Prozent der Fälle wurden erste Wiederbelebungsmaßnahmen durch Ersthelfende, wie Familienangehörige, Kollegen oder Passanten, begonnen. In weiteren 7 Prozent der Fälle wurden medizinisch qualifizierte Ersthelfer noch vor Eintreffen des Rettungsdienstes an den Einsatzort herangeführt. Bei einem von drei Ereignissen wurde eine telefonische Anleitung der Ersthelfenden durch die Leitstelle dokumentiert. Die Häufigkeit aller dieser Maßnahmen noch vor Eintreffen des Rettungsdienstes muss durch fortgesetzte Anstrengungen weiter erhöht werden. Beispiele aus Skandinavien und aus den Niederlanden zeigen, dass die Überlebensrate mit guter Lebensqualität durch die konsequente Umsetzung flankierender Maßnahmen noch gesteigert werden kann.
Die Eintreffzeit des Rettungsdienstes bei Herz-Kreislaufstillstand lag 2023 im Mittel bei 7:34 (+- 4,25) Minuten. Der Erfolg einer Wiederbelebung hängt ganz wesentlich davon ab, dass in diesem Zeitraum bereits mit gezielten Maßnahmen begonnen wird. Gelingt das nicht, so erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass die Betroffenen entweder versterben oder den Kreislaufstillstand nur mit schweren Beeinträchtigungen überleben.
Zu den vielversprechenden Projekten, die sich eine Verbesserung der Überlebenschancen bei Herz-Kreislaustillstand zum Ziel gesetzt haben, gehört die Resuscitation Academy Deutschland. Unter dem Motto „Lernen von und mit den Besten“ werden nach einem international vereinbarten Konzept komplette Rettungsdienstbereiche in verschiedenen Dimensionen analysiert, Verbesserungs-potentiale aufgezeigt und umgesetzt. Hierzu gehören Schulungsprogramme, Verbesserung der Notrufabfrage und der Disposition incl. der Telefonreanimation, Qualitätsmanagement, aber auch die Einbindung der Bevölkerung über Ersthelferalarmierungssysteme und Ausbildungsprogramme in Schulen. Das ist möglich durch die Betrachtung der statistischen Daten aus dem Reanimationsregister und die Etablierung von Maßnahmen in einem Gesamtkontext sowohl überregional als auch systemübergreifend.
Um eine Verbesserung der Versorgung für die Bevölkerung zu erreichen, fordert die BAND:
- Anleitung der Bevölkerung zur Durchführung von Erstmaßnahmen: Hierzu gehören Awareness-Kampagnen und regelmäßige Schulungungen.
- Flächendeckende Einführung eines jährlichen Reanimationsunterrichtes an Schulen.
- Flächendeckende systemübergreifende Datenerfassung und Qualitätsmanagement für den außerklinischen Kreislaufstillstand. Neben den außerklinisch erhobenen Daten sollten auch die innerklinischen Daten zur weiteren Versorgung und zum Überleben verfügbar sein.
- Flächendeckende Einführung standarisierter, strukturierter Notrufabfragen mit der Möglichkeit der sofortigen Disposition bei entsprechendem Einsatzcode. Entsprechende Erstabfragesysteme sollten an allen Notrufanlaufstellen verfügbar sein.
- Flächendeckende Einführung smartphonebasierter Ersthelfersysteme mit schnittstellenübergreifendem Helfereinsatz. Unabhängig von dem eingesetzten System sollten Helfer an ihrem jeweiligen Aufenthaltsort alarmierbar sein.
- Flächendeckende Einführung von automatisierten Defibrillatoren und Erfassung in Registern.
- Viele dieser Maßnahmen werden bereits in einem Kontext mit lokalem oder regionalem Bezug umgesetzt. Häufig geschieht dies auf Basis freiwilliger Initiativen. Einzelne Bundesländer haben bereits mit der überregionalen Implementierung von Teilkomponenten begonnen. Aus Sicht der BAND sollten all diese Initiativen mit Unterstützung aller Beteiligten sowohl auf kommunaler als auch auf landes- und bundespolitischer Ebene mit Priorität vorangetrieben werden.
Über die BAND e.V.
Die Bundesvereinigung der Arbeitsgemeinschaften der Notärzte Deutschlands (BAND) e.V. ist die Dachorganisation der 12 deutschen Notarztarbeitsgemeinschaften. Satzungsgemäß wahrt sie die überregionalen Interessen aller Mitgliedsarbeitsgemeinschaften als deren einheitliche berufspolitische Vertretung in der Notfallmedizin, koordiniert die Aktivitäten der Mitgliedsarbeitsgemeinschaften, wirkt auf eine kontinuierliche Verbesserung der notfallmedizinischen Versorgung der Bevölkerung und eine bundesweit einheitliche Qualifikation der Notärzte hin und leistet die zentrale Öffentlichkeitsarbeit in der Notfallmedizin für alle Mitgliedsarbeitsgemeinschaften. Insgesamt vertritt sie so die Interessen der über 12.000 Notärztinnen und Notärzten, die Mitglieder in den Arbeitsgemeinschaften sind. Weitere Informationen gibt es unterwww.band-online.de.
Dr. Carsten Lott, Ärztlicher Leiter Rettungsdienst für den Rettungsdienstbereich Mainz, ist Vorstandsmitglied der BAND e.V.:
"Mit breiter Unterstützung, die von den Kommunen über die Gebietskörperschaften bis hin zu den Landesministerien reicht, setzen wir im Rettungsdienstbereich Mainz bereits jetzt aktiv alle Forderungen der BAND um oder planen die zeitnahe Umsetzung. Bereits etabliert sind:
- Beteiligung an Awarenesskampagnen im Kontext der Fußball Europameisterschaften.
- Reanimationsunterricht an Schulen in Kooperation mit der Universitätsmedizin Mainz und den Rettungsdienstschulen von ASB und DRK.
- Teilnahme an der Resuscitation Akademie Deutschland sowie am Deutschen Reanimationsregister
- Erste Schritte auf dem Weg zur Umsetzung sind für die folgenden Projekte erfolgt:
- Einführung einer standardisierte, strukturierten Notrufabfrage
- Einführung smartphonebasierter Ersthelfersysteme"